12. Kliniksprechertag in Münster: Zwischen Instagram und Identität – Klinikkommunikation im Umbruch

18. März 2019 Annett Bergk

Knapp 60 Kommunikationsverantwortliche aus Kliniken und Krankenhäusern, aus dem Münsterland, dem Ruhrgebiet, aber auch Hamburg und Berlin kommen in das verregnete Münster, um beim 12. Kliniksprechertag über Klinikidentität im digitalen Zeitalter zu sprechen. Charlotte Möller, Vorstandsmitglied der Studierendeninitiative campus relations, war vor Ort.

Mythos Motivation

Die Stimmung im Saal ist gelöst, die Klinikvertreter wirken gespannt und wissbegierig. Corinna Bischof und Achim Baum, die zu der veranstaltenden Agentur lege artis gehören, leiten in die Thematik der Tagung ein. In Krankenhäusern und Kliniken könne man gut beobachten, dass Motivation ein für die Mitarbeiter wichtiger Antrieb für effektives Arbeiten ist, sagt Baum. Gute Leistungen würden durch Arbeit aus Überzeugung erbracht.

Was können und müssen Kliniken nun aber leisten, wenn nötige Überzeugung fehlt? Unter dem Motto “Viele Werte, viele Stimmen – eine Identität? Klinikkommunikation in schwierigen Zeiten” sollen Vorträge, Podiumsdiskussionen und Workshops den anwesenden Kommunikationsvertreter Hilfestellungen und Orientierung geben, den Zweck der Kliniken neu zu definieren.

Form follows function

Klaus Heiermann, Leiter Konzernkommunikation und Marketing der ARAG, tritt an das Rednerpult. Auf den ersten Blick ist er Außenstehender, doch auch eine Versicherungsgesellschaft hat mit Klinikpatienten zu tun. Gezieltes patientenbezogenes Fehlermanagement durch direkten Kontakt mit den Patienten sei von großer Bedeutung, sagt Heiermann. Leistungsversprechen würden im digitalen Zeitalter hinterfragt und öffentlich diskutiert. Um Unternehmensreputation zu wahren und Leistungsversprechen mit der tatsächlichen Dienstleistung im Einklang zu halten, solle die Konzernstrategie der Corporate Identity folgen, nicht umgekehrt. Nur so könnten Strategien angepasst und die Klinik vor Identitätsverlust geschützt werden.

Im folgenden Vortrag spricht Prof. Stefanie Seeling von der Hochschule Osnabrück leidenschaftlich von der Bedeutung der Pflegekräfte für die Kliniken und wie man durch flachere Hierarchien und Repräsentation der Pflegekräfte in Internet und Klinikumfeld den Mitarbeitern die angemessene Wertschätzung entgegenbringen kann. Thorsten Schabelon, Leiter Marketing & Kommunikation des Uniklinikums in Essen, stellt dem Publikum das Flüchtlingsprojekt der Klinik vor, bei dem Betroffenen die Chance geboten wird, durch eine Ausbildung zur Pflegekraft gesellschaftliche und fachliche Integration in Deutschland zu erfahren.

Zwischen Instagram, Corporate Identity und Gesetzestexten 

Nach der Mittagspause stehen drei Workshops auf dem Programm. Die Klinikvertreter haben die Möglichkeit, sich mit Lisa Terfrüchte, Senior Beraterin von lege artis, über Generationen von A bis Z zu unterhalten, mit Julian Graffe aus der Social Media Redaktion des UKMs über Influencer und ihren Nutzen für Kliniken zu sprechen oder von Tobias Weimer, dem Fachanwalt für Medizinrecht der Kanzlei WEIMER | BORK, über Heilmittelwerberecht aufgeklärt zu werden.

Terfrüchte behandelt in ihrem Workshop die Identitätsfrage der Kliniken und ihrer Mitarbeiter. Vertreter der Kliniken sollten sich der Frage stellen, was die eigene Klinik von anderen unterscheidet, was sie zu einem Wohlfühlort für Patienten und Mitarbeiter werden lässt. Das Gemeinschaftsgefühl der Kräfte müsse gesteigert werden, um dem Fachkräftemangel entgegenwirken zu können. Wenn man die Arbeitskultur, die diese Gemeinschaft ausmacht, herausgefiltert und manifestiert hat, könne man diese für effektives Employer Branding und die interne Kommunikation nutzen.

Graffe hingegen zeigt die zentralen Fragen auf, die sich die Klinikvertreter stellen sollten, bevor sie auf den „Influencer-Zug“ aufspringen. Der Nutzen Instagrams für die Klinik müsse im Vorhinein klar, in ein vernünftiges Konzept auch investiert werden. Die Kunst der angemessenen Nutzung bestünde in der authentischen und seriösen Vermittlung von medizinischen Inhalten.

Und zu guter Letzt bringt Weimer die Kliniksprecher richtig ins Schwitzen, als er auf Möglichkeiten und Hindernisse für Kliniken durch das Heilmittelwerberecht eingeht. Mit anschaulichen Beispielen macht er deutlich, wie kompliziert der Umgang mit Werbemitteln ist.

Versuchen Sie nicht zu glänzen, leuchten Sie!

Viele der Anwesenden bedanken sich für den Kliniksprechertag als Möglichkeit, Themen, mit denen sich die Gesundheitskommunikation schon lange beschäftigt, in einem angenehmen Rahmen lebhaft zu diskutieren und von der Tagung gestärkt in die Arbeit zurückzukehren. Die Vertreter der Kliniken und Krankenhäuser wirken nicht nur beeindruckt von dem produktiven Tag, der hinter ihnen liegt, sondern auch gestärkt für neue Aufgaben und Herausforderungen und bereit für Innovation der eigenen Kommunikationsarbeit.

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