Virals ohne Community: TikTok als Kommunikationsmaßnahme nutzen

11. Februar 2020 Annett Bergk

TikTok ist das derzeit wohl am schnellsten wachsende soziale Netzwerk und wird von seinen Fans geliebt. Von seinen Nicht-Fans nicht. So weit, so normal. Doch wie können Unternehmen und Kommunikationsagenturen die Beliebtheit und Reichweite nutzen? „PR-Journal“-Redakteurin Annett Bergk fragt Gudrun Herrmann, Leiterin der deutschsprachigen Unternehmenskommunikation bei TikTok.

„Content ist King“ (Das meinen die ernst!)

„Wir sind eine App für mobile Kurzvideos und verstehen uns eher als Content Graph denn als Social Graph“, sagt Herrmann. „Als User kannst du von Beginn an gute Inhalte sehen und hast ebenso von Beginn an, das heißt ohne großes Netzwerk, die Chance, Inhalte viral gehen zu lassen.“ Die App hat dazu die Hemmschwelle sehr niedrig angesetzt: Zum einen liegt der inhaltliche Fokus (derzeit noch) auf ungeschönter Alltagskreativität, zum anderen ist es sehr leicht, Videos aufzunehmen und diese mit entsprechenden Filtern ganz nach Geschmack des Users aufzuhübschen.

Aber auch wenn die Plattform derzeit stark content-getrieben ist und Monetarisierung bislang nicht zum Fokus zählte, wie TikTok-Chef Alex Zhu es jüngst gegenüber dem „Spiegel“ formulierte, so liegt es doch auf der Hand, dass TikTok am Ende gern Geld verdienen möchte.

Advertising, das sich nach Content anfühlt

„Wir stehen mit unseren Werbeformaten noch ganz am Anfang“, erklärt Herrmann. „Es laufen Tests mit Unternehmen, aber aufgrund unserer großen Investoren haben wir noch keinen Druck, was das Thema Monetarisierung angeht.“ Sechs erste Werbeformate stellte das Unternehmen im letzten Jahr auf der Dmexco vor, von denen es glaubt, dass sie den Nutzern und Nutzerinnen ein natürliches und intuitives App-Erlebnis garantieren:

  • Hashtag Challenges: Marken können eine einwöchige Hashtag-Challenge erstellen, die dann auf der „Entdecken“-Seite aufgeführt wird.
  • Brand Take Over: Marken können eine individuelle Skin, das heißt ein Standbild oder Gif, erstellen, die für die Dauer eines Tages beim Öffnen der App für drei bis fünf Sekunden angezeigt wird. 
  • In-Feed Native Video: Unternehmen können 15-sekündige Videoinhalte erstellen, die als Werbung gekennzeichnet in den Feed von Nutzern eingespielt werden.
  • Top View (Beta): Für einen Tag wird ein einzelnes Video von bis zu einer Minute Länge beim Öffnen der App abgespielt. Im Anschluss werden Nutzer nahtlos in den eigenen Feed navigiert.
  • Branded Lenses: Ein gesponserter Effekt, der auf Basis von Kundenwünschen erstellt wird.
  • Custom Influencers: Creator erstellen originelle Inhalte auf Basis einer Hashtag Challenge.

Inspirieren lassen und einfach starten

Wer starten will – ob mit oder ohne Anzeigen –, muss einen Account anlegen, diesen verifizieren lassen und kann sich dann vom Content inspirieren lassen. Wie bei jeder Kommunikationsmaßnahme hängt der Einsatz von Inhalten ganz klar von den Zielen des jeweiligen Unternehmens ab: „Wir haben schon einige erfolgreiche Cases“, sagt Herrmann. „Das Klinikum Dortmund nutzt die App erfolgreich für das Employer Branding. Otto dagegen will seine Marke positionieren. Da die Plattform noch so jung ist, bietet sie unglaublich viele Chancen. Die Tagesschau zum Beispiel möchte sich einer jüngeren Zielgruppe annähern und hat in drei Monaten über 200.000 Follower gesammelt. Das ist eine Hausnummer.“

Wie wann was warum funktioniert, darüber gibt es (noch) keine Studien. Die ersten Bildungsträger haben sich das Thema 2020 auf die Agenda gesetzt. „Ich erwarte, dass sich in den nächsten Monaten die ersten Agenturen herausbilden, die Unternehmen in Sachen TikTok an die Hand nehmen und schulen wollen“, sagt Herrmann. „Das kennt man von anderen sozialen Netzwerken und Kommunikationswegen.“

TikTok ist weiter auf Wachstumskurs

TikTok möchte in diesem Jahr die Teams in Europa aufbauen. Zhu spricht von einer Aufstockung von derzeit 300 auf mehr als 1.000 Mitarbeiter und allein in Deutschland werden aktuell vier Leute für die Kommunikationsabteilung gesucht. „Außerdem wollen wir unsere Inhalte und unsere Creators weiter differenzieren“, sagt Herrmann. Die App will älter werden. Sich breiter aufstellen. Es ist die Gelegenheit für Unternehmen, sich auszutesten und von den Chancen zu profitieren, die das junge Netzwerk bietet. Also: Ran an die Reißbretter. Go viral!

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